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Mammografie - Vorsorge

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Mammographie‐Screening‐ Brustkrebs‐Vorsorge ‐ Mehr Schaden als Nutzen

Ärzte raten von Mammografien ab

Dieser Bericht wird zu reden geben. Das Swiss Medical Board (SMB), das sich kritisch mit kontroversen diagnostischen Verfahren und Therapien befasst, hat das Mammografie-Screening analysiert – die Empfehlung an Frauen über 50, sich alle zwei Jahre die Brüste zur Krebs-Frühdiagnose röntgen zu lassen. Seit Jahren wird in der Schweiz und in anderen Ländern über den Nutzen des systematischen Screenings gestritten, wobei hierzulande die Befürworter die Nase noch vorne haben. Die meisten Kantone haben solche Programme entweder schon eingeführt oder zumindest beschlossen.

Nun lässt das Swiss Medical Board – ein hochkarätiges Fachgremium, getragen von der Ärzteschaft FMH, der Akademie SAMW und der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK – in seinem heute Sonntag erscheinenden Bericht eine Bombe platzen: Auf 83 Seiten kommt es zum Schluss, die Programme würden mehr Schaden anrichten als den Frauen helfen. «Es wird nicht empfohlen, systematische Mammografie-Screening-Programme einzuführen», schreiben die Autorinnen und Autoren. Und: Die bestehenden Programme seien zu befristen. Eine Ohrfeige etwa für die Kantone Basel-Stadt oder Bern, die das systematische Mammografie-Screening gerade erst gestartet haben (siehe Karte).

Für die Befürworter sind die Vorteile von Screening-Programmen klar erwiesen: Wenn sämtliche Frauen zwischen 50 und 70 Jahren regelmässig zur Mammografie gehen, gelingt es, Veränderungen der Brust und insbesondere Tumore frühzeitig zu erkennen, bevor der Krebs schwer zu behandeln oder gar lebensbedrohlich ist – so lautet das Argument. Diese Behauptung hat nun das Swiss Medical Board in seinem Bericht untersucht. Es stützt sich im Wesentlichen auf fünf Reviews und Meta-Analysen kontrollierter Studien, darunter ist etwa der 2012 erschienene Expertenbericht des Independent UK Panel on Breast Cancer Screening. All diese Übersichtsstudien weisen nach, dass Screening-Programme die Mortalität leicht senken: Unter 1000 Frauen, die ihre Brüste regelmässig röntgen lassen, verhindert die Massnahme im Lauf von zehn Jahren einen Todesfall, wobei 4 der 1000 gescreenten Frauen trotzdem an Brustkrebs sterben. Dieser Befund ist in den Augen des UK Panels gut genug, um sich dezidiert für die Vorsorgeuntersuchung auszusprechen.

Unerwünschte Wirkungen des Screening

Der Expertenrat des SMB gewichtet die Evidenz anders. Das sechsköpfige Gremium anerkennt zwar, dass dank dem organisierten Screening die brustkrebsbedingte Sterblichkeit leicht abnehme – wobei diese in den Industrieländern ohnehin sinke –, doch «dieser erwünschten Wirkung sind die unerwünschten Wirkungen gegenüberzustellen». So komme es bei rund 100 von 1000 Frauen mit Screening zu «Fehlbefunden, die zu weiteren Abklärungen und zum Teil zu unnötigen Behandlungen führen». Auch ergebe sich ein sehr ungünstiges Kosten-Wirksamkeits-Verhältnis.

Es sind vor allem die falsch positiven Ergebnisse, die das SMB als so problematisch erachtet, dass es gar von Schadenszufügung spricht. Gemeint sind Fälle, in denen die begutachtenden Radiologen einen Krebsherd sehen, der keiner ist. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn sich auf dem Röntgenbild ein verdächtiger Schatten zeigt, der sich später als harmlose Gewebeverdichtung herausstellt.

Das Risiko für eine Frau, einen falsch positiven Befund zu bekommen, beträgt gemäss SMB-Bericht 4 Prozent, was oft eine Nadelbiopsie, im schlimmsten Fall eine Operation nach sich zieht. Die psychologischen Effekte bei solchen Befunden halten die SMB-Autoren für gravierend: «Viele Frauen erleben ein Gefühl von Angst, Sorge und Abhängigkeit, leiden unter Schlafproblemen, einem negativen Einfluss auf ihre Sexualität und ihrem Verhältnis zu Freunden und ihrer Familie.»

Andere Nebenwirkungen, die das SMB kritisiert, sind Überdiagnose und Überbehandlung. Konkret: Bei 1 bis 10 Prozent der Frauen wird durch das Screening ein «Brustkrebs» im Vorstadium diagnostiziert, der den Betroffenen ihr Leben lang nie Probleme machen würde. Weil man im Voraus nicht weiss, welche dieser Krebszellen von allein wieder verschwindet und welche sich zu einem Tumor entwickelt, gibt es unnötige Behandlungen. Die Betroffenen seien dadurch in ihrer Lebensqualität auf mehrere Monate oder gar Jahre beeinträchtigt.

Problematisch ist auch, dass die Qualitätsanforderungen für Schweizer Radiologen längst nicht so hoch sind, wie die Screening-Befürworter behaupten. In der Westschweiz interpretieren manche Radiologen nicht einmal 500 Screening-Bilder pro Jahr, wie der «Tages-Anzeiger» am Freitag enthüllte. Um dem europäischen Mindeststandard zu entsprechen, würden sie die zehnfache Anzahl brauchen. So ist anzunehmen, dass neben den falsch positiven Befunden auch etliche Tumore übersehen werden und sich die Frauen in falscher Sicherheit wiegen – auch dies eine «unerwünschte Wirkung» des Screenings.

Ein Kapitel des SMB-Berichts widmet sich den Kosten. In absoluten Zahlen scheint das Mammografie-Screening in der Schweiz nicht überteuert. Würden alle Kantone ein Programm anbieten und sämtliche Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren daran teilnehmen, ergäben sich Kosten von 123 Millionen Franken, 113 Millionen für die Krankenkassen, 10 Millionen für die Kantone.

Das SMB stellt diese Zahlen der Wirkung des Screenings gegenüber und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Die eingesetzten Ressourcen haben keinen oder sogar einen geringfügig negativen Effekt. Beim Screening müssten für ein einziges zusätzliches Lebensjahr bei guter Lebensqualität («QALY») 248 000 Franken aufgewendet werden, was eine im Vergleich zu anderen Präventionsmassnahmen immens hohe Summe ist. Gemäss SMB könnte man diese Mittel gerade in der Brustkrebsprävention sinnvoller einsetzen, etwa zur Gesundheitsförderung von Migrantinnen, und damit mehr Frauenleben retten.

Allerdings sind solche Public-Health-Berechnungen nicht in Stein gemeisselt. Für Marcel Zwahlen vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern ist die Zahl von 248 000 Franken denn auch zweifelhaft. Er verweist auf eine 2013 im «British Medical Journal» erschienene Studie. Ausgehend von den Resultaten des UK Panel on Breast Cancer Screening wurde das Kosten-Wirksamkeits-Verhältnis für England untersucht und die Summe von 20 800 Pfund für ein gewonnenes Lebensjahr ermittelt. «Das Ausmass der unerwünschten Wirkungen von Screening-Programmen ist relativ schwierig zu beziffern», sagt Zwahlen, «während ihr Effekt auf die brustkrebsbedingte Sterblichkeit genauer bekannt ist.»

Letzteres mag zwar bei Fachpersonen der Fall sein – für Laien stimmt Zwahlens Feststellung nicht. Die meisten Programme informieren die Frauen irreführend über den Nutzen des Screenings, indem sie die relative Risikoreduktion herausstreichen: Von 1000 Frauen sterben 5 an Brustkrebs, mit Screening sterben 4 – damit verringere sich das Mortalitätsrisiko «um 20 Prozent», wird meist gesagt. Viele Frauen meinen dann, das Screening bewahre 20 von 100 Frauen vor dem Krebstod. Entscheidend aber ist die absolute Risikoreduktion, die viel niedriger ist, nämlich nur 0,16 Prozent. Das bedeutet: Nur 1 bis 2 von 1000 gescreenten Frauen haben einen Nutzen, die übrigen haben nichts davon – ausser vielleicht Schäden.

Wie nehmen Fachkreise den Bericht auf? Die St. Galler Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann sagt, das qualiätskontrollierte Screening-Programm in St. Gallen sei gut angelaufen, die seit 2010 zusammengekommenen Resultate stimmten sie «zuversichtlich». Die Gynäkologin Rosanna Zanetti vom Brustzentrum des Universitätsspitals Basel betont, dank dem organisierten Screening erreiche man auch sozial schlechtgestellte und bildungsferne Frauengruppen für die Brustkrebsprävention. Sie wäre enttäuscht, wenn die Programme gestoppt würden.

Hingegen sehen sich Skeptiker durch den Bericht bestätigt: Nun habe das Mammografie-Screening in seinem Kanton wohl «keine hohe Priorität», sagt Heinrich Schwarz, Chef des kantonalen Gesundheitsamtes Solothurn. Patrick Hohlfeld, Chefgynäkologe am CHUV in Lausanne, schätzt die Mammografie als Diagnoseinstrument, findet aber, das systematische Screening erzeuge «Opfer». Die Diskussion um das Mammografie-Screening ist wieder eröffnet.

Ultraschall statt Röntgenstrahlen

Felicitas Witte. Wenn Vasilis Marmarelis über seine Erfindung referiert, dann erzählt er gerne eine Anekdote. Vor 15 Jahren ertastete seine Frau Knoten in ihren Brüsten. «Ist das womöglich Krebs?», dachte sich der Professor für Biomedizintechnik an der Uni Südkalifornien. Die Mammografie fand Melissa Orme-Marmarelis ziemlich unangenehm und das Ergebnis wenig aufschlussreich. Erst mithilfe eines Ultraschalls konnte der Arzt sie beruhigen: Hinter den Knoten steckten harmlose Flüssigkeitsansammlungen. «Warum muss ich diese unangenehme Untersuchung und Röntgenstrahlen über mich ergehen lassen, wenn das für die Diagnose nicht hilft?», klagte die Frau ihrem Mann. Sein Forschergeist war geweckt.

Die Mammografie kann laut Fachliteratur zwar über 80 Prozent der Brustkrebse entdecken, aber bei dichtem Brustgewebe sind es weniger als 60 Prozent. Dann wird ein Ultraschall mit der Hand empfohlen, dessen Aussagekraft aber sehr von der Erfahrung des Untersuchers abhängt. Nach nächtelanger Recherche kam Marmarelis die Idee: Man müsste ein Gerät bauen, bei dem die Ultraschallwellen ähnlich wie Röntgenstrahlen in einem Computertomografen standardisiert durch das Gewebe geschickt und mit dem Computer ausgewertet werden.

Multimodale Ultraschall-Tomografie (MUT) heisst die Technik, deren Prinzip schon seit den 1970er Jahren bekannt ist. Zwölf Jahre tüftelte Marmarelis, dann präsentierte er sein Gerät auf Fachkongressen. «Ich war total begeistert, als ich davon erfuhr», erinnert sich Serafino Forte, Oberarzt in der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin am Unispital Basel. Er überzeugte seine Chefs, einen Prototyp eines MUT- Gerätes zu kaufen, und begann mit ersten Untersuchungen. «Die MUT scheint ähnlich gut zu sein wie die Mammografie», sagt er.

Bei der Untersuchung liegt die Frau auf dem Bauch, und ihre Brust hängt in lauwarmem Wasser. Das Gerät fährt um die Brust herum und schickt Ultraschallwellen durch das Gewebe. Die Wellen werden direkt auf der anderen Seite registriert und nicht wie beim herkömmlichen Ultraschall reflektiert und dann erst sichtbar gemacht. Marmarelis untersuchte bei 62 Frauen mit millimetergrossen Auffälligkeiten in der Mammografie, wie gut die MUT diese als gut- oder bösartig klassifizieren kann. Bei 15 Frauen ergab eine Biopsie Brustkrebs oder eine Vorstufe davon, bei 47 eine gutartige Veränderung. Die gleiche Diagnose stellte auch die MUT.

Forte hat kürzlich eine Studie mit 280 Frauen gestartet und hofft, dass die MUT in Zukunft die belastende Mammografie ersetzt. Andere Mediziner sind derzeit noch skeptisch. «Der Ansatz ist interessant, weil er ohne Röntgenstrahlung auskommt und die Brust nicht wie bei der Mammografie zusammengedrückt wird», sagt Daniel Fink, Direktor der Frauenklinik am Unispital Zürich. Aber ob diese Technik an die Stelle der Mammografie treten könne, würden erst grosse Studien über längere Zeiträume zeigen.

Rüdiger Schulz-Wendtland, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Brustkrankheiten, fürchtet, die MUT sei nicht empfindlich genug. «Viele Brustkrebse machen sich durch Verkalkungen unter einem Millimeter bemerkbar, die bis jetzt nur durch die Mammografie nachweisbar sind», sagt er. «Ich bezweifle, dass die MUT sie immer findet.» Er könne sich aber vorstellen, dass die MUT den Ultraschall mit der Hand ersetzen könne.

Der Radiologe testet an der Uni Erlangen eine Technik, die zwar mit herkömmlichen, reflektierten Ultraschallwellen funktioniert, aber mit dem Computer ausgewertet wird. Andere Forscher experimentieren mit automatisiertem Ultraschall der Brust, bei dem die Bilder aber nicht mit dem Computer ausgewertet werden. «Vielleicht müssen wir mehrere Techniken kombinieren», sagt Schulz-Wendtland. «Bis wir die ideale Methode gefunden haben, wird die Mammografie für einige Zeit der Standard bleiben.»

KYAIX 4 %

So hoch ist gemäss dem Bericht des Swiss Medical Board das Risiko, dass Frauen beim Mammografie-Screening einen falsch positiven Befund erhalten.

123 Mio.

Franken würde es kosten, wenn in allen Kantonen sämtliche Frauen an einem Mammografie-Screening-Programm teilnähmen.