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Bienensterben: So hat Syngenta Forscher eingeseift

Bienensterben: So hat Syngenta Forscher eingeseift

Red. / 16. Jan 2017 - Ein Forscher spricht darüber, wie Konzerne Forscher und Universitäten gefügig machen. Die Tabakindustrie hatte es vorgemacht.

2012 lernte James Cresswell die unschönen Seiten der Forschungsfinanzierung kennen. Seit mehr als zwanzig Jahren hatte der Experte für florale Fortpflanzung bis dahin an der britischen Universität von Exeter geforscht. Schlagzeilen hatten seine Blümchen- und Bienchenthemen noch nie gemacht.

Als Cresswell anfing, sich für die Ursachen des Bienensterbens zu interessieren, änderte sich das. Er war auf einen Bereich gestossen, in dem es um hohe Gewinne, Marktanteile und nicht zuletzt um die richtige Definition der Wahrheit geht.

Die New York Times (NYT), der Cresswell ungewöhnlich offen über seine Beziehung zu Syngenta Auskunft gegeben hat, dokumentiert, wie Forscher von den Konzernen manipuliert werden, damit sie passgenaue Forschungsergebnisse liefern. Ein unrühmliches Vorbild ist dabei die Tabakindustrie, deren Einfluss auf Wissenschaft und Politik ihresgleichen sucht (Infosperber: «Die Manipulation der Tabakindustrie ist legendär»).

James Cresswell im Labor

Ein Faust’scher Pakt

«Zusammenfassend kann man sagen: Syngenta hatte Einfluss auf mich», sagte Cresswell der NYT. «Ich habe nicht bewusst getäuscht, aber sie haben auf jeden Fall beeinflusst, was ich schlussendlich in diesem Projekt gemacht habe».

Das Projekt, eine Arbeit über die Ursachen des Bienensterbens, hätte aktueller nicht sein können. Bereits vor fünf Jahren hielten viele Wissenschaflter die Pestizidklasse der Neonicotinoide für verantwortlich oder mindestens mitverantwortlich für den rätselhaften Bienentod. Einige andere und auch die agrochemische Industrie führten das Bienensterben auf die Krankheit Varrose zurück, die von einer Milbe übertragen wird. Manche vertraten eine gemischte Hypothese.

Nachdem sich – oder weil sich – Cresswell nach ersten Untersuchungen 2011 skeptisch über die Neonicotinoid-These geäussert hatte, bot ihm Syngenta 2012 die Finanzierung seiner weiteren Forschung an. Das Angebot abzulehnen, kam nicht in Frage. Zu gross war der Druck seines Arbeitgebers, der Universität Exeter, die diesen Umstand gegenüber der «New York Times» nicht kommentieren wollte. Zustande kam ein «Faust ’scher Pakt», wie Cresswell heute sagt.

Ein harmonischer Anfang

Cresswells von Syngenta finanzierte Forschungen begannen harmonisch: Man legte die Art der Bezahlung fest, begutachtete gemeinsam vielversprechende Forschungsassistenten und einigte sich auf eine Liste von acht möglichen Ursachen für das Bienensterben, denen Cresswell nachgehen sollte.

Doch schon bald mischten sich erste Misstöne in die anfangs gute Beziehung. Cresswells erste Untersuchungen stützten die Varrose-These nicht. «Wir sehen es als ziemlich unwahrscheinlich an, dass Varrose für das Bienensterbens verantwortlich ist.», schrieb er 2012 an Syngenta. Cresswell solle sich mehr um die Verluste in einzelnen Bienenstöcken kümmern, statt um grossflächige Trends, antwortete sein Ansprechpartner bei Syngenta. «Weil das eine andere Antwort ergeben könnte!», ergänzte er.

Erste Misstöne

In den nächsten Wochen forderte Syngenta Cresswell mehrmals auf, seine Forschungen wieder auf die Varroamilbe zu konzentrieren. In einer anderen Email schrieb Cresswells Ansprechpartner, es wäre auch gut, die Milbe in Ländern, in denen sie das Bienensterben verschlimmert haben könnte, «als möglichen Steigerungsfaktor zu untersuchen».

In der gleichen Email und als Teil einer Konversation mit dem Betreff «Varroosis Report» bat der Syngenta-Verbindungsmann Cresswell, sich auf Veränderungen in Europa zu konzentrieren, anstatt sich weltweit umzusehen. Cresswell zeigte sich einverstanden und schrieb «ich habe einige andere Ansätze, um Varrose weiter zu beleuchten».

Eine ungleiche Beziehung

Durch die Änderung der Untersuchungsparameter wurden die Varroamilben zum signifikanten Faktor. «Wir kommen zu der Ansicht, dass Varrose das Potential hat, grossflächige Verluste an Bienenkolonien zu verursachen», schrieb Cresswell im Januar 2013. Eine spätere Email bestätigt diese Ansicht.

In manchen Punkten wehrte sich Cresswell. Obwohl er laut einer Email von Syngenta an die Universität Exeter «volle redaktionelle Kontrolle» über seine Arbeit haben würde, zeigte er sich in einer anderen Email besorgt über eine Geheimhaltungsvereinbarung, die «Syngenta das Recht gibt, die Ergebnisse zu unterdrücken». «Ich bin nicht glücklich darüber, mit einem Maulkorb zu arbeiten», schrieb er. Die Schweigefrist wurde daraufhin auf wenige Monate verkürzt.

Die «Hidden Agenda»

Rückblickend sagte Cresswell «Syngenta hat ganz klar eine Agenda». In einer Email fasste er diese zusammen als: «It’s the Varroa, stupid» (es ist die Varroa-Milbe, Dummkopf).

Syngentas Sprecher Luke Gibbs stritt jede Beeinflussung ab und sagte gegenüber der NYT: «Mit dem Ziel, uns auf relevante Ergebnisse zu konzentrieren, haben wir die Forschungsschwerpunkte in Zusammenarbeit mit dem Forscher diskutiert und definiert. Wir haben Dr. Cresswells Unabhängigkeit nicht untergraben, ihm keine Herangehensweise für die acht gemeinsam definierten Schwerpunkte vorgeschrieben oder die Schlüsse, die er daraus zog, eingeschränkt».

Zusammenbruch

Cresswells Verbindung zu Syngenta begann den Wissenschaftler zu belasten. Das Vertrauen in den eigenen Reihen schwand. Für Umweltschützer wurde er zum Gegner. In den Medien wurde er über seine Beziehung zur Industrie definiert. Cresswell begann, sich «wirklich inkompetent» zu fühlen und hatte einen Zusammenbruch. Er verliess seinen Arbeitsplatz für mehrere Monate. «Ich habe nicht bedacht, welch grossen Einfluss die Verbindung mit Syngenta darauf haben würde, wie die Welt mich als Wissenschaftler sieht. Das war meine Fehleinschätzung», sagte er der NYT.

Inzwischen arbeitet Cresswell an weniger kontrovers diskutierten Fragen der Bienenforschung. Eine Studie, die kürzlich vom britischen Zentrum für Ökologie und Hydrologie veröffentlicht wurde, schreibt Neonics eine Dezimierung von Wildbienenvölkern von mindestens 20 Prozent zu. Neonicotinoide sind inzwischen Thema eines EU-Moratoriums.

Das Thema bleibt aktuell

Syngenta-CEO Eric Frywald kommentierte den hier zitierten Artikel der NYT in einem Leserbrief. «[Der Artikel] bildet die harte Arbeit und das Engagement der 28‘000 Angestellten von Syngenta und unserer zahlreichen Partner bei NGO’s, Forschungsinstituten und Regierungen nicht ab. Sie arbeiten mit dem Ziel zusammen, Landwirten zu ermöglichen, die Welt nachhaltig zu ernähren….», schrieb Frywald. Der Artikel stelle die Integrität der wissenschaftlichen Partner in Frage und stelle die Vorteile der Zusammenarbeit nicht dar (ganze Stellungnahme lesen).

Die Pestizidklasse der Neonicotinoide steht seit mehr als zehn Jahren im Verdacht, mindestens Mitverursacher des Bienensterbens zu sein. Die US-amerikanische Umweltbehörde EPA stellte im Januar 2016 fest, dass Imidacloprid, eines der meistgenutzten Insektizide, Bienen schaden kann. (Infosperber: «US-Umweltbehörde: Pestizide können Bienen schaden»). Um die gleiche Zeit klagte ein US-Wissenschaftler, der für eine US-Behörde an Neonics forschte und ihre Umweltverträglichkeit in Zweifel zog, wegen Unterdrückung seiner Forschungsergebnisse. (Infosperber: «US-Forscher klagt gegen Zensur der US-Agrarbehörde»).

"Quelle

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Missbildungen durch Glyphosat: Was Argentinier und Deutsche berichten

(Admin: Es ist eine Schande für die Menschheit, daß es so etwas überhaupt gibt, geben darf und angewendet wird. Pfui Monsanto und deren Eigentümer.)

von Kornelia Fischer, Freitag, 27. Mai 2016 09:11 Ein Schwein mit acht Beinen, ein Hund mit Rüssel: Diese Missbildungen tauchten in Argentinien auf und werden mit Glyphosat in Verbindung gebracht. Wir brauchen gar nicht so weit schauen: Es gibt auch Fälle von Missgeburten auf Höfen in Deutschland.

In Pampa de los Guanacos in Nordargentinien kam ein Hundewelpe mit Elefantenrüssel zur Welt. In dieser Region werden massiv Pestizide eingesetzt, vor allem Glyphosat.

In Pampa de los Guanacos in Nordargentinien kam ein Hundewelpe mit Elefantenrüssel zur Welt. In dieser Region werden massiv Pestizide eingesetzt, vor allem Glyphosat.Foto: YouTube-Screenshot
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In Argentinien ist der Unkrautvernichter Glyphosat im Dauereinsatz. Aus Lastwagen und Flugzeugen wird er auf die Felder gespritzt, um hohe Gewinnspannen für beispielsweise Soja oder Baumwolle zu erzielen. Nur gentechnisch veränderte Pflanzen (GMO) überleben die Behandlung mit glyphosathaltigen Herbiziden.

Folge von Glyphosat
In den letzten Jahren sind seltsame Fälle von tierischen Missgeburten in bestimmten Gegenden Norargentiniens aufgetaucht – jenen Regionen, die Glyphosat am intensivsten verwenden.

Ebenfalls in Pampa de los Guanacos wurde ein Schweinchen ohne Haut geboren.

Ebenfalls in Pampa de los Guanacos wurde ein Schweinchen ohne Haut geboren.

Foto: YouTube-Screenshot

Etwa 12 Millionen Argentinier leben in den Gebieten, wo sich der Anbau von Gen-Soja mittlerweile versiebenfacht hat – umgeben von Soja-Feldern, auf denen Glyphosat gesprüht wird. Sie heißen deshalb bereits “eingenebelte Menschen/pueblos fumigados”, sagt Kinderarzt Dr. Medardo Avila Vazquez laut “Dailymail”.

Er sieht sich in Argentinien bereits Repressionen gegenüber, weil er im Oktober 2014 mit einem Team von 70 Forschern und Studenten die Krebshäufigkeit in Monte Maiz untersuchte. Der 8.000-Einwohnerort befindet sich 300 Kilometer von der Provinzhauptstadt Cordoba entfernt. Dort gibt es zweimal so viele Neuerkrankungen von Krebs und fünfmal so viele Fehlgeburten wie im Landesdurchschnitt. Dazu dreimal so viele Krebstote und Missbildungen wie im Provinzdurchschnitt von Cordoba, berichtet das Portal „gmwatch.com“.

Bei den Tieren prägen sich die Bilder der Missgeburten besonders ein. Schon 2014 wurde ein Hundewelpe geboren, dessen Nase an einen Elefantenrüssel erinnert. Auch tauchte ein Ferkel mit acht Beinen auf – beides nahe der Ortschaft Pampa de los Guanacos in der Provinz Santiago del Estero.

Ein argentinischer Bauer entdeckte ein Schweinchen mit acht Beinen.

Ein argentinischer Bauer entdeckte ein Schweinchen mit acht Beinen.

Foto: YouTube-Screenshot Lokale Medien geben Pestiziden die Schuld

Lokale Medien machten den Einsatz von Pestiziden für die Missbildungen verantwortlich. So etwas habe man noch nie gesehen, zitierte sie die britische “Dailymail”.

Doch auch Menschen berichten über gravierende Folgen. Fabian Tomasi hat in Argentinien zweieinhalb Jahre lang Flugzeuge mit Pestiziden beladen. Dabei trug er keinerlei Schutzkleidung. Heute sieht der 49-Jährige sehr hager aus, die Skelettknochen treten hervor und er läuft gebeugt. Er hat eine schwere toxische Polyneuropathie und ist auf die Hilfe seiner betagten Mutter angewiesen, berichtete die „Arte“-Doku “Chronisch vergiftet”.

Er glaubt, dass der fehlende Schutz beim Beladen ihn krank gemacht hat. “Niemals habe ich eine Belehrung erhalten, wie ich mich vor dem Gift schützen sollte”, sagt er. Nach der Diagnose habe er aufgehört, die Flieger zu beladen.

Oft trifft es ganze Familien. Marco Mendez ist mit seiner Familie in den Norden der Hauptstadt Buenos Aires gezogen. Nun bekommt sein Haus Pestizide ab, die auf die Sojafelder in der unmittelbaren Umgebung gesprüht werden – auch Glyphosat, so “DIE ZEIT”.

Einmal sei er mit seinen vier Kindern und seiner Frau komplett von einem sprühenden Lastwagen eingenebelt worden, erzählt er. Bis heute weiß der Argentinier nicht, was genau eingesetzt wird: Seine Frau hat Blutkrebs, eine Tochter leidet unter chronischen Harnwegsinfektionen, eine andere hat Magenprobleme.

In der Doku von Arte wird das Grundproblem deutlich. Mariela Leiva, die Direktorin einer Landschule in der Provinz Entre Rios im Osten des Landes, spricht es aus: “Wir vergiften unsere eigenen Kinder.” Ihre Tochter war die erste, die sich vor Kurzem nach einer Sprühaktion übergab.

Die Direktorin hatte einen Krankenwagen und die Polizei gerufen, als ein Flugzeug Pestizide sprühte und der Wind das Gift genau auf die Schule blies. Die Polizei gab Zeichen, die Sprühaktion zu stoppen. Das Flugzeug flog jedoch weiter. Der Vater einer Schülerin bat Leiva später: “Machen Sie keine Anzeige. Unser Einkommen kommt von der Arbeit auf den Feldern.”

Und Deutschland?

In Deutschland ist der Einsatz von Glyphosat noch nicht so massiv wie in Argentinien. Doch auch hier mehren sich Fälle chronisch-kranker Landwirte und Kühe sterben mysteriös in Massen – wegen des hochgiftigen Bakteriums „Clostridium botulinum“, welches sich im Darm von Mensch und Tier ausbreiten kann, wenn diese Glyphosat-belastet sind.

Zum Beispiel Heinz Heeckt aus Schleswig-Holstein. Er hat zunehmend gesundheitliche Probleme. Selbst seiner 23 Jahre alten Tochter Jana wird oft schlecht, wenn sie mittags zum Melken in den Stall geht. Ihr werde wie Achterbahnfahren im Bauch, berichtet sie im Arte-Interview.

Tierarzt Achim Gerlach ist nun Dauergast auf dem Hof. Er beobachtet in einigen deutschen Betrieben folgendes Phänomen: “Die Bauern haben teilweise das Gefühl, über dem Boden zu schweben.” Er vermutet Einflüsse auf das Nervensystem.

Vor allem ist er wegen der Kühe auf den Familienhof gekommen. Heinz Heeckt hat in den vergangenen drei Jahren 50 Kühe verloren. Es fängt damit an, dass die Kühe sich nur noch mit Mühe bewegen können. Schließlich verenden sie jämmerlich. Auf dem Hof sieht man abgedeckte Kadaver liegen. Doch er ist kein Einzelfall. Manche Milchbauern haben auf diese Weise hunderte Tiere verloren.

Quelle

Chronisch vergiftet - Monsanto und Glyphosat